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Gastvorträge des Ägyptologie-Forum Zürich im Herbstsemester 2024

Poesie und Architektur

Datum:Mi, 09. Oktober 2024
Zeit, Raum:18:30 Uhr, KO2-F-175
Referent: Darius Ammon Karácsony (Dipl. Architekt ETH Zürich)

Unter der allgemeinen Fragestellung 'Was ist poetische Architektur und wie bewegt sie unsere Seele?' werden folgende Teilaspekte untersucht und die daraus folgenden Erkenntnisse aus der Perspektive eines praktizierenden Architekten dargestellt. Zu Beginn bespreche ich Forschungsmethoden der Architekturphilosophie, die einem Kernproblem des Vorhabens Rechnung tragen: Wie geht man mit der subjektiven Empfindung von Poesie um? Kann der alte Traum der verlässlichen Kategorien des Denkens und Empfindens in Erfüllung gehen, oder sind selbst die Allgemeinbegriffe dem steten Wandel unterworfen? Was kann man in dieser Beziehung von der Verknüpfung zweier so weit voneinander entfernter Disziplinen wie der Neurowissenschaften und der Archäologie erwarten und was nicht? Wie verhält es sich mit der Beweislage: Können wir heute Vorgehensweisen der poetischen Architektur aus vergangenen Zeitaltern erkennen und was akzeptieren wir als Beleg für einen unausgesprochenen architektonischen Gedanken? Im zweiten Teil werden eine Reihe von Techniken der poetischen Architektur im alten Ägypten, Griechenland und der italienischen Renaissance vorgestellt und geprüft, ob es neben der metaphorischen Verbindung von Gedicht und Bauwerk noch eine zweite, direktere Entsprechung zwischen den Rhythmen der Architektur und der Poesie gibt. Haben die alten Ägypter das ganze Repertoire der poetischen Architektur bereits ausgeschöpft und die Griechen nur noch zu dessen Verfeinerung beigetragen, oder gibt es ganz und gar neue Kunstgriffe, die in Athen unter Perikles zur Anwendung kamen? Hat Imhotep die poetische Architektur erfunden oder lediglich auf eine höhere Stufe gehoben? Im letzten Abschnitt werde ich kurz eigene architektonische Entwürfe zeigen, die ausgewählte Motive der poetischen Architektur nehmen und die Frage in den Raum stellen, wie 5000 Jahre alte Entwurfsmethoden heute zur Anwendung gebracht werden können, ohne den Versuchungen des Historismus oder der Neoklassik zu erliegen. Soll die Kunst und Architektur im 21. Jahrhundert eine Grundlage zur gesellschaftlichen Kohärenz und Harmonie bilden, oder den Individualismus, Und die damit einhergehende Atomisierung unserer Lebensumstände, weiter vorantreiben?


Schein und Sein: „Bildhauermodelle“ und antike Gips-abgüsse aus Ägypten

Datum:Mi, 23. Oktober 2024
Zeit, Raum:18:30 Uhr, KOL-F-172 / online
Referent: Dr. Helmut Brandl (Berlin)

Der Vortrag stellt ausgewählte sog. Bildhauermodelle der Spätzeit und der Ptolemäerzeit vor und gibt Einblicke in die wissenschaftlichen Fragestellungen, die mit dieser Objektgruppe verbunden sind. Die Forschungen des Referenten an Aegyptiaca des 1. Jahrtausends v. Chr. in den Museen von Hildesheim und Hannover stehen im Mittelpunkt (BMBF-Projekt, 2018-2021). Objekte in einer Privatsammlung werden damit in Bezug gesetzt. Neben zahlreichen Relieftafeln und Teilskulpturen aus Kalkstein, seltener aus Hartgestein, haben sich auch Plastiken und Relieftafeln aus Stuck erhalten, deren mögliche Bedeutung als Zeugnisse einer Weihpraxis diskutiert wird.


Der Schreiber Thutmose von Deir el-Medineh inspiziert seine private Amulett-Kollektion

Datum:Fr, 06. Dezember 2024
Zeit, Raum:18:30 Uhr, KOL-F-172 / online
Referent: Prof. Dr. Hans-Werner Fischer-Elfert (Universität Leipzig)

Ein erst seit sechs Jahren bekannter Papyrus im Wiener Kunsthistorischen Museum trägt u.a. eine Liste persönlicher Amulette seines einstigen Besitzers. Der aus zahlreichen Privatbriefen von und an seinen Sohn Butehamun bestens bekannte Schreiber Thutmose aus dem Ende der 20 Dyn. nimmt im Sommer eines Regierungsjahres 5 eine "Inspektion aller Dinge in einem Beutel" vor. Sämtliche "Dinge" erweisen sich bei genauem Hinschauen als teils kostbar gearbeitete Amulette zum Schutz vor Krankheiten und Dämonen.
Der Vortrag versucht u. a. diese Objekte auf die in seinen Briefen erwähnten Krankheiten und auf ihre metallurgische Fertigung näher zu beleuchten.
Basis-Lit.: Hölzl, Regina — Michael Neumann — Robert J. Demarée, The Notebook of Dhutmose. P. Vienna ÄS 10321 (Probleme der Ägyptologie 37, Leiden/Boston 2018), 14—16 und Pl. 4—5. S. Haag — R. Hölzl (ed.), Der verges- sene Papyrus. Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien 2018
Mit anschließendem Workshop mit Textlektüre am 7. Dezember 9:30-12:30 zum Thema "Hinweise zur Aktivierung altägyptischer Amulette"